Was haltet Ihr von einem Beitritt der Türkei? Seit Ihr dafür oder dagegen und warum?
Ich selbst bin ein bisschen hin- und hergerissen zwischen meinem persönlichen Wunsch für ein vereinigtes und friedliches Europa auf der einen Seite und der Tatsache, dass gerade Gleichstellung und Gleichberechtigung auf der anderen Seite in der Türkei noch zu wünschen übrig lassen.
Auf der AOL-News Seite stand heute:
Nach einer Forsa-Umfrage für das Hamburger Magazin "Stern" und den TV-Sender RTL lehnen 57 Prozent der Befragten eine Aufnahme der Türkei in die EU ab, 38 Prozent sind dafür, fünf Prozent beantworteten die Frage "Soll die Türkei in die EU aufgenommen werden?" mit "weiß nicht". Für die Umfrage hatte Forsa 1.005 repräsentativ ausgewählte Bundesbürger befragt.
Dass so viele Bürger gegen einen Beitritt sind, habe ich allerdings nicht gedacht.
[f1][ Editiert von Anessa am: 27.02.2004 0:02 ][/f]
Ich bin zum derzeitigen Zeitpunkt ganz klar dagegen. Eine EU, die bereits dergestalt handlungsunfähig ist wie jetzt, wo Beschlüsse im Ministerrat nur einstimmig getroffen werden können, verträgt in meinen Augen bis zu einer tiefgreifenden Strukturreform kein einziges neues Mitglied. Hinzu kommen die Probleme der Kosten und die alles andere als erfüllte Forderung nach Menschenrechten (ich sage nur Kurden-Problematik). In meinen Augen drei gute Gründe dagegen.
Auch hier nochmal: Bitte nicht wundern, es gibt z.Z. ein paar kleine Probleme mit dem Account Eisklinge
Kann mich - wieder einmal - nur Eisklinge anschließen: Wenn man bedenkt, daß z.B. Polen noch vor seinem offiziellen Beitritt die neue EU-Verfassung blockiert hat... Meiner (und sogar meines Professors) Meinung nach sollte man erst einmal dringend nötige Reformen durchführen, um die EU "in die Tiefe" wachsen zu lassen, bevor man weitere Mitglieder aufnimmt.
Und bei der Türkei gibt es eben das Kurdenproblem, die Zypernfrage, ein fragwürdiges Justizsystem...
Aeh, wenn ich Euch aber richtig verstehe, sind das eher grundsaetzliche Erwaegungen oder? Die EU vertraegt strukturell auch die 10 Neuen nicht ... da machen die drei anderen den Kohl auch nicht mehr fett !
Gilt die Aussage fuer immer oder fuer den bestehenden Status Quo? Ist Italien noch ein tragbares Mitglied dieser Gemeinschaft oder nicht, saugen die Spanier nicht seit Jahren nur Kohle aus der Gemeinschaft ohne sie zurueckzugeben und sind sind die Briten nicht nur ein (recht fortschrittlicher) US-Bundesstaat?
Wer von Euch kennt die Menschrechtssituation in Polen oder Ungarn. Die Vetternwirtschaft dort und die Unterschiede in der politischen Kultur zu diesen Staaten sind extrem und 14 Jahre Demokratie ueben sind was kurz, um die Luecken zu schliessen.
@Thread, natuerlich bin ich dafuer, wenn auch nicht gleich, sondern nach der nachhaltigen und ueberpruefbaren Loesung der anstehenden Probleme. Das mit den Kurden ist uebrigens ein unfairer Einwurf, bei den Spaniern hat man das baskische Problem auch nicht angefuehrt. Geloest werden muss es aber, obwohl ich nicht denke, dass es loesbar ist ... denn die Unversehrtheit der Grenzen ist ja mit eine Vorbedingung des Eintritts in die Gemeinschaft, soweit ich mich erinnere.
Und warum, naja, einfach deswegen, weil viele Probleme Europas sich an den Grenzen der Tuerkei, mit einer stabilisierten Tuerkei als Mitglied der EU weitaus besser loesen lassen werden, als wenn diese Probleme ohne oder gar gegen die Tuerken geloest werden muessten.
Meiner Meinung nach hätte man auch bei Spanien (und erst recht den Osterweiterungsstaaten) abwarten sollen...
Man hätte zuerst einmal eine Kern-EU möglichst tief wirtschaftlich und politisch einigen sollen - so BRD, Frankreich, Benelux, Österreich (ja, trotz Ray! ), vielleicht noch ein paar mehr. Dann hätte man allen Interessenten sagen können und sollen: So, das sind die Bedingungen einer Mitgliedschaft, nehmt sie oder laßt es.
Aber genau wie bei der deutschen Einigung hat man viel zu unbedacht gehandelt.
Und die Entwicklung einer Zwei-Klassen-Gesellschaft spielt dabei keine Rolle? Denn das sieht man ja z. Zt. an der Ex-DDR, bis die das aufholen, vergehen Jahrzehnte.
Dazu kommt noch, dass die Bereitschaft zur Oeffnung in dem von Dir genannten Szenario fuer schwaechere Staaten eher gering ausfallen zu koennen.
Das ist ja gerade mein punkt: zwei Staatsgebiete, die wirtschaftlich und politisch auf völlig unterschiedlichen Entwicklungsstufen stehen einfach zusammenzuschustern führt nur zu Spannungen und einer negativen Entwicklung. Siehe deutsche Einigung. Die hätte man eben nicht einfach mit einem Paukenschlag verkünden sollen, sondern Schrittweise herbeiführen.
Hehe ... die Geduld und auch den Plan hat niemand !
Wie laeuft es denn? Geplant? Gott nein! Man schafft Fakten und die anderen muessen sich anpassen und die Anpassungskosten ... ja die sind dann unvermeidlich ... und wir lassen uns mit diesem Mist veralbern ohne ... der Konvent ist uebrigens der Witz schlechthin und das Scheitern desselben noch die beste Tat der Spanier bisher !
Ich selber bin gegen einen Beitritt der Türkei. Ein vereintes Europa klingt zwar schön und gut aber auch nicht für jeden Preis. Solange es in dem Land noch Probleme mit den Menschenrechten in dem Land gibt sehe ich keinen Grund die in die EU zu lassen.
Wenn sich das geändert hat, bin ich dafür. Ich befürchte nur, dass man innerhalb der Türkei auf eine Notlösung drängt und alles so schnell wie möglich irgendwie so dreht, dass die EU damit zufrieden ist, ohne aber wirklich und tatsächlich auf langfristige Sicht die Probleme gelöst hat. Ich glaube nicht, dass man innerhalb von wenigen Jahren Probleme lösen kann, die gründliche Reformen und Umdenken erfordern. Nichts desto trotz ist es ja der richtige Weg. Also, ich hoffe, dass da nicht nur viel geredet wird, sondern tatsächlich auch was getan wird .
Hab das nicht mehr richtig im Kopf. Aber vor ca. 2 Jahren wurde die damalige EU-Beauftragte von den Tuerken massiert angegriffen und von der MIT (oder einem anderen Dienst) abgefangene e-mail mit negativen Aeusserungen ueber die Bemuehungen der Tuerkei gegen sie verwendet ... da war uebel Stimmung.
Aber bleibt die Frage, ob man ueber einen EU - Beitritt, die Maengel die z. Zt. bestehen nicht viel schneller beheben kann? Ist auf jeden Fall so, dass sich innerhalb der letzten vier Jahre doch einiges veraendert hat. Mit durch den EU-Beitrittsversuch aber noch mehr durch die Erdbeben, die haben ueberhaupt erst wieder den Prozess der Annaeherung zwischen Griechen und Tuerken in Gang gesetzt ...
Einen Punkt muessen die aber noch uebel durchkauen: Das ist der dieser Nationalrat, der sich nicht aus gewaehlten Vertretern zusammensetzt. Der widerspricht dem demokratischen Prinzip der EU bis in die Grundmauern, ist aber der Verteidiger des laizistischen Staates ... ziemliches Dilemma. Bin ja mal gespannt, wie sie das aufloesen ...!
War ja auch kein wirklich ernstgemeinter Vergleich. Obwohl, ganz nebenbei, unser Staatsrechtsprof der Auffasung ist, daß die derzeitige Wahlmethode der Bundesverfassungsrichter unserer Verfassung widerspricht...